60-Stunden-Woche ist Anschlag auf Geldbörsen und Lebensqualität der burgenländischen Pendler

Resolution: Pendlerforum fordert „faire Verhandlungen auf Augenhöhe“

Eisenstadt, 27. Juni 2018.- Das Pendlerforum Burgenland hat in einer Landesvorstandssitzung gestern Abend einstimmig eine Resolution gegen die von der Bundesregierung geplante Ausweitung der Arbeitszeiten beschlossen. „Die 60-Stunden-Woche ist ein Anschlag auf die Geldbörsen, die Lebensqualität und die Gesundheit der burgenländischen Pendler“, begründet Pendlerforum-Obmann LAbg. Wolfgang Sodl die Initiative. Burgenländische Pendler und Pendlerinnen seien schon jetzt überdurchschnittlich produktiv und engagiert, „sie brauchen sich auch keinen Mangel an Flexibilität vorwerfen zu lassen“, so Sodl. Das Pendlerforum fordert von Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache die „sofortige Aufnahme von fairen Verhandlungen auf Augenhöhe, in die Gewerkschaften, Arbeiterkammer und Pendlervertretungen eingebunden werden müssen“. Die Kernaussagen der Resolution im Wortlaut:

 

ÖVP und FPÖ haben im Nationalrat überfallsartig einen Initiativantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden, eingebracht. Der Initiativantrag zielt darauf ab, allgemein zulässige Höchstarbeitszeitgrenzen von 12 Stunden pro Tag (bisher 10 Stunden) und 60 Stunden pro Woche (bisher 50 Stunden) einzuführen. 

Die Vorschläge sind einseitig zugunsten der Interessen der Wirtschaft ausgerichtet und untergraben wichtige Arbeitnehmerrechte. Nach der geltenden Gesetzeslage ist die Einführung des 12-Stunden-Tages bzw. der 60-Stunden-Woche jetzt schon möglich. Allerdings ist das an gewisse Voraussetzungen geknüpft, die der Arbeitgeber nachweisen muss, und es bedarf einer Betriebsvereinbarung bzw. einer schriftlichen Vereinbarung, wenn es keinen Betriebsrat gibt. ArbeitnehmerInnen in Österreich – und speziell burgenländische PendlerInnen – sind nicht nur überdurchschnittlich produktiv und engagiert, sie brauchen sich auch keinen Mangel an Flexibilität vorwerfen zu lassen! 

Künftig sollen der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche jedoch an keine Voraussetzungen mehr gebunden sein. Der Arbeitgeber kann dies vielmehr bei erhöhtem Arbeitsbedarf verfügen. Ein Widerspruchsrecht der ArbeitnehmerInnen gibt es nur „aus überwiegenden persönlichen Interessen“. Das wird allerdings kaum schlagend werden. Die von ÖVP und FPÖ immer wieder ins Treffen geführte „Freiwilligkeit“ wird auch von Experten als in der Realität unglaubwürdig zurückgewiesen. 

Im Burgenland ist es durch gemeinsame Anstrengungen des Pendlerforums Burgenland und der Arbeitnehmervertretung gemeinsam mit der Landesregierung in den letzten Jahrzehnten gelungen, weitreichende Verbesserungen für Pendlerinnen und Pendler zu erreichen. Das öffentliche Verkehrsangebot wurde modernisiert und ausgebaut sowie finanzielle Begleitmaßnahmen zur Unterstützung der Betroffenen durchgesetzt. 

Auch wenn noch viele weitere Schritte nötig sind, stimmt die Richtung: Pendlerinnen und Pendler werden unterstützt statt belastet, viele ArbeitnehmerInnen konnten auf dieser Basis von Wochen- zu Tagespendlern werden. Durch die nun geplante einseitige Verlängerung und Flexibilisierung der Arbeitszeiten drohen diese Erfolge zerstört zu werden. Mehr noch: Der völlige Wegfall der Planbarkeit von „flexiblen“ und längeren Arbeitszeiten, die einem Pendler bzw. einer Pendlerin von einem Tag auf den anderen abverlangt werden können, stellt den größten Rückschritt seit langem dar. Denn: 

• Viele burgenländische PendlerInnen werden wieder zum Umstieg auf das Auto gezwungen sein – das stellt eine erhebliche Erschwernis des Anfahrtswegs und, vor allem bei hohem Spritpreisniveau, auch eine finanzielle Mehrbelastung dar. 

• Viele burgenländische Tagespendler, vor allem aus den südlichen Landesteilen, werden wieder zum Wochenpendeln gezwungen sein und dazu, sich am Arbeitsort eine Unterkunft zu suchen – auch das würde Familienleben und Geldbörse der Betroffenen schwer belasten! 

• Längere Tagesarbeitszeiten, verbunden mit langen Anfahrtswegen, würden für PKW-Pendler das Unfallrisiko enorm erhöhen. 

• Die Auswirkungen längerer Tages- und Wochenarbeitszeiten für PendlerInnen wären auch im familiären und gesellschaftlichen Bereich von großer Tragweite: Das Familienleben wird belastet, Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen wird schwerer organisierbar, das Engagement in Vereinen erschwert – das gefährdet den Zusammenhalt im ländlichen Raum! 

Das Pendlerforum lehnt das neue – ohne jede Mitsprache von Gewerkschaften und Arbeiterkammer – vorgelegte Arbeitszeitmodell der ÖVP-geführten Bundesregierung ab, weil es zu erheblichen Lohneinbußen führen wird und einen Anschlag auf die Gesundheit und Lebensqualität der burgenländischen Pendlerinnen und Pendler bedeutet. 

Wir fordern einen Stopp des „Drüberfahrens“ über die Betroffenen und die sofortige Aufnahme von fairen Verhandlungen auf Augenhöhe, in die Gewerkschaften, Arbeiterkammer und Pendlervertretungen eingebunden werden müssen. Bis dahin erklären wir uns mit allen Maßnahmen, die von gewerkschaftlicher Seite gesetzt werden, solidarisch.

 

Pendlerforum Burgenland 
Obmann: LAbg. Wolfgang Sodl 
Kontakt: 0664/1111505